AM SONNENPLATZ
mit Stefanie Jaksch

Sie steht jeden Tag um 5 Uhr in der Früh auf, schwimmt schneller als Triathlet:innen, hat die Gabe, Menschen und ihre Themen sehr gut zu erkennen und beim Schreiben anleiten zu können. Sie will mit ihrem neuen Verlag zwar nicht Millionärin, aber erfolgreich werden. Und wir bei WOLKENLOS dürfen sie dabei mit Pressearbeit begleiten.

 

Credits: privat

 
 

„Die Leute wissen oft gar nicht, dass sie mit mir ein Gespräch darüber führen, dass wir zusammen ein Buch schreiben werden.“

 

Stefanie Jaksch sitzt an einem Freitagnachmittag bei uns im Büro, wir öffnen eine Flasche Wein, die ein Autor Stunden zuvor bei seinem Besuch zurückgelassen hat. Steffi und ich (Elisabeth) - wir begleiten uns seit fast zehn Jahren: Wir lernten uns kennen, als sie damals meine Nachfolge in der Pressestelle eines Verlages antrat, um später in die Rolle der Verlagsleiterin aufzusteigen. Und zwar ohne Blazer oder das klischeehafte Intellektuellen-Schwarz. Dafür mit den buntesten Schuhen, geringelten Leggings und wild gemusterten Oberteilen. Wo Steffi auftaucht, hinterlässt sie Eindruck und auch einen nachhaltigen, geistreichen Seelenabdruck: Man merkt sofort, diese Frau hat Tiefgang.

Viele Autor:innen haben in den vergangen Jahren dank Steffi Jaksch ihr Innerstes nach außen gekehrt und sich mit ihrer Hilfe getraut, ihre Gedanken einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ob Sachbuch-Bestseller oder Literatur-Debüts, über ihren Schreibtisch wanderten unzählige Projekte. Den Verlag hat sie in schwarze Zahlen und zu einer Nominierung für den deutschen Sachbuchpreis geführt.

 

Sprung ins kalte Wasser

 
 
 

„Am Ende wird nichts furchtbar werden, das kann man ja verhindern. Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem ich WASSER bereuen würde.“

 

Vor wenigen Wochen hat Steffi die Katze aus dem Sack gelassen: Sie hat ihren eigenen Verlag mit Fokus auf Essays gegründet. WASSER heißt er. Außenstehenden treibt diese Ansage die Sorgenfalten auf die Stirn: Einen Verlag gründen in Zeiten wie diesen? Wer liest denn noch Bücher? Wie viele Verlage kämpfen aktuell ums Überleben oder haben in den letzten Jahren aufgegeben?

Steffi gibt ehrlich zu: „Ich habe mich schon ein- bis zweimal verteufelt – was hab ich da jetzt eigentlich gemacht? Ich glaube, der Gedanke wird auch bleiben, aber ich wüsste auch in Zukunft nicht, warum ich das bereuen sollte. Ich weiß ja erst, wie es ist, wenn ich es mache!“

„Es machen“ – damit meint die Verlegerin, ihrer Berufung zu folgen: Menschen, ihren Gedanken & Texten eine Plattform zu geben. Und zwar frei und möglichst unabhängig von Marktzwängen. Damit das gelingt, setzt sie auf ein Community-basiertes Verlagsmodell, mit Abos und einer niederschwelligen Möglichkeit für Schreibende, ihre Gedanken begleitet aufs Papier zu bringen. All das ist gerade in der Entwicklung. Die daraus entstandenen Bücher werden auch in jeder Buchhandlung zu kaufen sein.

 

Verlegen ist fast wie Therapeutin sein

 

„Das Allerschönste ist der Moment, in dem ich verstehe, wo jemand hinwill. Ohne dass die Person das selbst formulieren kann. Und ich es dann ausspreche und eigentlich fast immer richtig liege.“

 
 

Wenn Steffi scoutet und sich mit Menschen bzw. potentiellen Autor:innen trifft, sieht sie schon den Text vor sich, ohne dass ihr Gegenüber noch verstanden hat, dass es er/sie in naher Zukunft den eigenen Namen auf einem Buchcover lesen wird. „Ich fürchte, dass ich eine Tendenz habe, Leute zu erkennen“ sagt sie und meint weiter:

 

„Ich habe im Gespräch irgendwann ein Bild von einem Text vor mir und weiß, was der Kern des Ganzen sein wird. Das fühlt sich an wie Zahnräder in mir, die ineinandergreifen. Dann bin ich wie ein Bluthund, dann lasse ich mich nicht mehr von der Idee abbringen.“

 
 

Es sei zutiefst befriedigend, Menschen an den Kern der Themen, die sie umtreiben, heranzuführen, sagt die Verlegerin. Jede/r Unternehmensberater:in würde einwenden, dass diese vielen Gespräche und Sparring-Runden leere Meter seien, aber für sie ist genau das das Schönste am Job:

 
 

„Ich mache eigentlich keinen Verlag, sondern ganz viel Care-Arbeit.“

 

Berufung gefunden: Sich wie ein Fisch im WASSER bewegen

Die Neo-Verlegerin trainierte nach Stationen im Theater, Buchhandel und zuletzt in Verlagen bereits jahrelang genau das, was sie sich jetzt als selbstständige Verlegerin zutraut: den Blick für spannende Personen und Themen. Und ihre Schnelligkeit und Wendigkeit im WASSER hat sie ebenfalls vor einiger Zeit professionalisiert:

 
 

“Ich habe fünf Jahre lang Schwimmen trainiert in Wien. Bis ich die Triathleten überholt hab.”

 

Beinahe wäre sie auch ganz woanders gelandet, wenn sie ihren damaligen Plänen nachgegangen wäre: „Ich habe überlegt, die Schwimmtrainer-Ausbildung zu absolvieren, aber gleichzeitig wollte ich auch eine Sekt- und Sommelier-Ausbildung machen!“ Letztlich gewannen doch Wörter und Texte. Das WASSER hat sie dennoch nie ganz verlassen, weil sie sich an keinem Ort wohler fühlt als dort:

 

„Ich bin ein notorischer Workaholic und kann mein Hirn nicht abstellen. Aber wenn ich im Wasser bin, fällt das weg, ich bin dann nur Körper und Bewegung. Wenn ich schwimme, ist das der einzige Zeitraum, in dem ich nicht nachdenke.”

 
 

Am liebsten schwimmt sie stur ihre 1-2 Kilometer in Bahnen. „Ich schwimme hardcore, zähle meine Schläge mit“, lacht sie. Im Wasser fühlt sie sich geborgen, hat aber gleichzeitig auch Respekt vor ihm. Das WASSER trage beides in sich: Sowohl etwas Freundliches, aber auch potentiell Tödliches. Diesen ambivalenten Raum will sie auch mit ihrem neuen Verlag halten: Durch die Texte soll Schönes entstehen, aber auch Unangenehmes ausgesprochen & angeprangert werden dürfen.

So wie Stefanie Jaksch sich im Lauf ihres Lebens immer wieder wandelte, liebt sie auch die verschiedenen Aggregatszustände des WASSERs: Eis, Nebel, Regen, Wasser. Für sie ist es schlicht das verbindendste Element – „das, was immer in und zwischen uns ist“. Es ist nun die logische Konsequenz, dass ihr Verlag eben diesen Namen trägt, wie sie sagt:

 

„Alles Leben hat im WASSER angefangen, und ich würde hoffen, dass wir dorthin wieder zurückkehren.“

 
 

5 Tipps für den Sprung ins kalte Wasser – wie bereite ich mich vor:

1)     Es darf einem nichts egal sein.

2)     Es braucht Menschen, denen man vertraut. Umgib dich mit Leuten, die ehrlich mit dir sind!

3)     Man muss wissen, was man nicht kann.

4)     Der Weg ist das Ziel, nichts muss von Anfang an perfekt sein.

5)     Darauf vertrauen, dass das Wasser einen trägt.

dasistwasser.com

 
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